Betroffene kämpfen gegen die Verjährung von Ansprüchen nach dem Arbeitsunfall.

2024 wurden in Deutschland fast 800.000 Arbeitsunfälle gemeldet – und bei etwa 10 % davon handelte es sich um gravierende Verletzungen. Was viele nicht wissen: Selbst nach Jahrzehnten verjährt der Anspruch auf Leistungen nach einem Arbeitsunfall nicht sofort! Eine Gruppe von Betroffenen hat mit Arbeitsunfall 113 einen Verletztenrechner und Beratungsangebote aufgebaut, damit Menschen nach einem Unfall nicht alleine dastehen.

Ein Mann hält sich das Knie nach einem Arbeitsunfall

Wann verjähren Ansprüche nach einem Arbeitsunfall?

Die Verjährungsfristen für Ansprüche aus Arbeitsunfällen sind im Sozialgesetzbuch (SGB) festgelegt, und sie variieren je nach Art des Anspruchs:

  • Heilbehandlung und medizinische Rehabilitation: Diese Ansprüche verjähren in der Regel nach vier Jahren.
  • Verletztengeld: Auch diese Leistung verfällt nach vier Jahren zum Jahresende, wenn sie nicht geltend gemacht wurde.
  • Rentenansprüche: Hier gibt es eine besondere Regelung – diese Ansprüche verjähren grundsätzlich nicht, solange sie nicht rechtskräftig abgelehnt wurden.

Bei Ansprüchen auf Heilbehandlung und medizinische Rehabilitation beträgt die Verjährungsfrist in der Regel vier Jahre. Das bedeutet, dass Sie innerhalb von vier Jahren nach dem Unfall diese Leistungen in Anspruch nehmen müssen, sonst verfallen Ihre Ansprüche. Auch das Verletztengeld, eine wichtige Leistung für Arbeitnehmer, die nach einem Unfall arbeitsunfähig sind, verfällt, wenn es nicht innerhalb von vier Jahren zum Jahresende geltend gemacht wird. Hier ist es entscheidend, dass Sie rechtzeitig aktiv werden, um Ihre Ansprüche nicht zu verlieren.

Besonders interessant ist die Regelung für Rentenansprüche nach einem Arbeitsunfall. Diese verjähren grundsätzlich nicht, solange sie nicht rechtskräftig abgelehnt wurden. Das bedeutet, dass Sie selbst Jahre nach dem Unfall noch einen Anspruch auf Rente haben können, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Es ist jedoch wichtig, sich rechtzeitig um alle anderen Leistungen zu kümmern, da diese – im Gegensatz zur Rente – einer Verjährungsfrist unterliegen.

Wie beginnt die Verjährung und wann wird sie unterbrochen?

Die Verjährungsfrist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Doch es gibt auch Möglichkeiten, die Frist zu unterbrechen:

  • Unterbrechung: Wenn Sie zum Beispiel Ihren Anspruch bei der Berufsgenossenschaft anmelden oder eine Klage erheben, beginnt die Verjährungsfrist von Neuem.
  • Hemmung: Läuft eine Verhandlung zwischen Ihnen und der Berufsgenossenschaft, pausiert die Frist für die Dauer der Verhandlungen.

Wenn Sie also beispielsweise im Jahr 2024 einen Arbeitsunfall erleiden, beginnt die Verjährungsfrist für Ihre Ansprüche normalerweise am 31. Dezember 2024 und läuft ab diesem Zeitpunkt vier Jahre. Es ist jedoch möglich, die Verjährungsfrist zu unterbrechen oder zu hemmen." Sagt Tim Teschner, Co-Gründer von Arbeitsunfall 113.

Eine Unterbrechung der Verjährungsfrist tritt ein, wenn Sie aktiv werden und zum Beispiel Ihren Anspruch bei der Berufsgenossenschaft anmelden oder eine Klage erheben. In solchen Fällen beginnt die Verjährungsfrist von Neuem, sobald die Unterbrechung endet. Das gibt Ihnen mehr Zeit, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

Darüber hinaus kann die Verjährungsfrist auch gehemmt werden. Eine Hemmung tritt ein, wenn zwischen Ihnen und der Berufsgenossenschaft Verhandlungen laufen. Während dieser Zeit pausiert die Verjährungsfrist, und Sie verlieren keine Zeit, während der Sie versuchen, eine Einigung zu erzielen. Dies gibt Ihnen den notwendigen Spielraum, um in Ruhe Ihre Ansprüche zu klären und durchzusetzen, ohne dass die Verjährung während der Verhandlungen weiterläuft.

Langzeitschäden: Ihre Ansprüche bleiben bestehen

Einige Arbeitsunfälle haben langfristige Auswirkungen, die sich erst Jahre später zeigen. Bei solchen Spätfolgen bleiben Ihre Ansprüche besonders lange bestehen:

  • Heilbehandlung und Rehabilitation: Diese Ansprüche verjähren frühestens nach zehn Jahren.
  • Rentenansprüche: Solange Spätfolgen auftreten, können diese Ansprüche jederzeit geltend gemacht werden, da sie grundsätzlich nicht verjähren.

Was tun, wenn die Verjährung droht?

Wenn die Verjährung Ihrer Ansprüche bevorsteht, ist schnelles Handeln gefragt. Eine schriftliche Geltendmachung Ihres Anspruchs bei der Berufsgenossenschaft kann helfen. Holen Sie sich professionelle Beratung und Hilfe nach Ihrem Arbeitsunfall und vergessen nicht, dass auch erst unbedeutende Unfälle und Verletzungen langfristig große Probleme machen können.

Was tun nach einem Arbeitsunfall?

Wenn Sie oder ein Kollege einen Arbeitsunfall erleiden, hat die medizinische Versorgung oberste Priorität. Bei schweren Verletzungen zögern Sie nicht, sofort den Notruf unter 112 zu wählen. Sobald die medizinische Erstversorgung abgeschlossen ist, folgt der unvermeidliche Papierkram: Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsunfall bei der Berufsgenossenschaft (BG) zu melden. Was zu tun ist, wenn der Arbeitgeber Arbeitsunfall nicht meldet, lesen Sie hier. Die BG wird dann weitere Informationen von Ihrem Durchgangsarzt anfordern. Besonders der Bericht dieses Arztes ist entscheidend, da er nicht nur kurzfristige Ansprüche auf Rehabilitationsmaßnahmen festlegt, sondern auch langfristige Rentenansprüche bestimmt.

Den Bescheid der Berufsgenossenschaft erhalten Sie per Post. Das Team von Arbeitsunfall 113 empfiehlt, diesen sofort nach Erhalt sorgfältig zu überprüfen. Achten Sie darauf, dass auch die kleinsten Details des Unfallhergangs sowie alle Verletzungen – selbst solche, die Ihnen zunächst unwesentlich erscheinen – umfassend dokumentiert sind. Langfristige gesundheitliche Probleme können oft durch kleine Frakturen oder Verrenkungen entstehen, die unmittelbar nach dem Unfall keine oder nur geringe Schmerzen verursachen. Wenn diese jedoch nicht im Bericht des Durchgangsarztes vermerkt sind, kann es später schwierig werden, Ansprüche gegenüber der Berufsgenossenschaft geltend zu machen.

Interessantes zu Arbeitsunfällen

Neben dem Thema Verjährung werden die Gründer von Arbeitsunfall 113 häufig zu Fragen bezüglich Arbeitsunfällen im Homeoffice oder den Zuständigkeiten nach einem Unfall befragt. Aus den gesammelten Daten geht hervor, dass Montag der gefährlichste Wochentag im Arbeitsleben ist und der Februar der gefährlichste Monat für Arbeitnehmer. Im Februar passieren die meisten Wegeunfälle, während montags möglicherweise die Konzentration nach dem Wochenende noch nicht voll da ist. Besonders oft betroffen sind nach den Auswertungen von Arbeitsunfall 113 Maschinenführer und Bauarbeiter, die fast 20% aller schweren Arbeitsunfälle ausmachen.

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