Behindertenausweis
Leider gibt es noch immer sehr viele Vorurteile in Deutschland, wenn es um Menschen mit Behinderung geht. Selbst der Behindertenausweis wird viel öfter als negativer "Stempel" angesehen, als es eigentlich gerechtfertigt ist. Dabei ist ein Behindertenausweis durchaus sinnvoll und kann dazu beitragen, viele Dinge zu vereinfachen.
Welchen Nutzen besitzt ein Behindertenausweis?
Grundsätzlich ist ein Behindertenausweis eine Hilfe, die dazu dient, einen Nachteilsausgleich zu erhalten. Denn Menschen mit Behinderung sind durchaus gesund, haben jedoch einen Nachteil gegenüber denjenigen, die keine Behinderung aufweisen.
Dementsprechend kann ein Behindertenausweis innerhalb Deutschlands für Folgendes genutzt werden:
- um sich von bestimmten Gebühren befreien zu lassen
- um steuerliche Ermäßigungen zu erhalten (PKW, Lohn- und Einkommenssteuer)
- um Arbeitgebern nach einer Einstellung entgegenzukommen, da diese vom Arbeitsamt einen Zuschuss von bis zu 80 Prozent des zu zahlenden Lohns erhalten
- um Zuschüsse zu erhalten, um die Einrichtung eines speziellen Arbeitsplatzes und dessen behindertengerechten Umbau zu ermöglichen und gegebenenfalls Hilfsmittel anzuschaffen
- um die Gebühren für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu senken oder sich davon befreien zu lassen
- um Ermäßigungen zu erhalten, wenn zum Beispiel öffentliche Einrichtungen wie Museen, Schwimmbäder und Ähnliche besucht werden
Ist im Behindertenausweis ein Merksymbol vorhanden, bestehen weitere Ausgleiche. So ist beispielsweise ein Rollstuhlfahrer mit dem Merksymol "B" im Behindertenausweis dazu berechtigt, jederzeit innerhalb der Bahn eine Begleitperson mitzunehmen, die dann kostenlos mitfahren darf.

Wie kann ich einen Behindertenausweis beantragen?
Der erste Schritt zum Behindertenausweis besteht idealerweise darin, zu überlegen, ob das Vorhandensein eines Behindertenausweises überhaupt Sinn ergibt. Bei der Entscheidung helfen Informationssammlungen im Internet und dass man sich zunächst darüber informiert, was ein Behindertenausweis überhaupt bedeutet und welche Vorteile er der betroffenen Person bringt.
Ist die Entscheidung für eine Beantragung gefallen, durchläuft das Prozedere in der Regel die folgenden Schritte:
- Antrag beim zuständigen Versorgungsamt stellen
- Feststellungsverfahren zur Einteilung des Grades der Behinderung (GdB)
- Bescheid seitens des Versorgungsamtes
- Mögliche Antragstellung auf einen Behindertenausweis
Die jeweiligen Schritte werden nachfolgend detaillierter erläutert.
Antragstellung beim Versorgungsamt
Wer einen Schwerbehindertenausweis beantragen möchte, muss zunächst einen Antrag beim zuständigen Versorgungsamt stellen. Geeignete Vordrucke stellt das Versorgungsamt gerne zur Verfügung.
Damit der Antrag so aufschlussreich wie nur möglich ist, sollten nicht nur sämtliche Angaben korrekt sein. Ebenso ist es sinnvoll, alle mitgelieferten Unterlagen so komplett und aufschlussreich wie nur möglich zu halten. Mit zu den typischen Unterlagen gehören:
- Ärztliche Gutachten
- Abschlussberichte von Kuren oder Rehabilitationsmaßnahmen
- Betreuungs- und Pflegegutachten
- Befunde von Labor und Röntgen
Feststellungsverfahren zur Einteilung des Grades der Behinderung (GdB)
Beim Grad der Behinderung handelt es sich um die Angabe, die Aufschluss darüber geben soll, wie schwerwiegend ein Mensch durch seine Behinderung beeinträchtigt ist. Neben körperlichen werden auch psychische Beeinträchtigungen hierbei berücksichtigt. Angegeben wird der Grad der Behinderung in Prozent. Er beginnt bei 20 Prozent und kann bei besonders schweren Beeinträchtigungen auf bis zu 100 Prozent festgesetzt werden.
Wie hoch der jeweilige Grad der Behinderung ausfällt, lässt sich anhand der vorhandenen Krankheiten oder Behinderungen nicht pauschal einordnen. So spielen bei der Bewertung sämtliche Lebensbereiche eine Rolle.
Bestehen mehrere Behinderungen, werden die jeweiligen Prozentzahlen auch nicht einfach addiert. Am Ende erscheint im Bericht die am höchsten eingestufte Beeinträchtigung, die dann zunächst Wirkung besitzt, bis eine mögliche Verschlechterung auftritt.
Als Beispiel:
- Aufgrund einer Krebserkrankung wurde bei einem Patienten der Magen entfernt. Der Grad der Behinderung kann hier zwischen 40 und 50 Prozent liegen.
- Der Betroffene hat einen Arm verloren, was ihn in sämtlichen Lebensbereichen stark einschränkt und er nicht mehr ohne Hilfe auskommt. In diesem Fall wird der Grad der Behinderung bei 70 Prozent angesetzt.
- Ein Mensch mit Tourette-Syndrom erhält je nach Ausprägung der Symptome zwischen 50 und 80 Prozent. Mehr dazu auf: tourette.de
Etwas heikel wird es bei psychischen Behinderungen. Denn diese nehmen aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Symptomatik unterschiedliche Formen an und stellen daher einen jeweils anderen Grad der Einschränkung dar. Der Schweregrad wird in diesem Fall nicht mit einem Pauschalwert bewertet, sondern je nach Einzelfall.
Neben der prozentualen Einteilung des Grades der Behinderung gibt es zusätzliche Merkzeichen, die weiteren Aufschluss über die jeweilige Beeinträchtigung liefern sollen. Die häufigsten Merkzeichen sind:
Merkzeichen | Beschreibung |
G | erhebliche Beeinträchtigung in Bezug auf die Bewegungsfähigkeit |
aG | außergewöhnliche Gehbehinderung |
H | Hilflosigkeit |
Bl | Blindheit |
Bl | Gehörlosigkeit |
TBI | Taubblindheit |
B | Begleitperson |
Bescheid seitens des Versorgungsamtes
Nachdem das Versorgungsamt den Grad der Behinderung festgestellt hat, erhält der Antragsteller den Bescheid in schriftlicher Form. In der Regel dauert es etwas länger, bis dieser zugestellt wird. Bis ein Bescheid beim Antragsteller eintrifft, vergehen häufig bis zu sechs Wochen.
Mögliche Antragstellung auf einen Behindertenausweis
Der Anspruch auf einen Behindertenausweis besteht nur dann, wenn ein Grad der Behinderung festgestellt wurde, der mindestens 50 Prozent beträgt.
Sofern die hierfür notwendigen Voraussetzungen vorhanden sind, kann beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung wiederum ein Antrag gestellt werden. Erforderlich für die Erstellung des Ausweises ist außerdem ein Lichtbild, welches in den Schwerbehindertenausweis integriert wird.
Übrigens: Innerhalb der Schweiz gibt es keinen allgemeinen Behindertenausweis. Hier wird stattdessen ein Einzelausweis ausgestellt, mit dem zum Beispiel gehbehinderte Menschen eine Vergünstigung erhalten, wenn sie öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Tipps für die erfolgreiche Bewerbung von Menschen mit Behinderung in der Schweizer Arbeitswelt – gibt es hier: jobundkarriereblog.ch
weiterführende Links:
→ Grad der Behinderung: Was ist das und wie erhalte ich ihn?: mittendrin.fdst.de
→ Grad der Behinderung (GdB): yomma.de
→ Altersrente für schwerbehinderte Menschen: deutsche-rentenversicherung.de
→ Lexikoneintrag – Schwerbehindertenausweis: caritas.de
→ Was ist ein Tourette-Syndrom (Ticstörung)?: kinderaerzte-im-netz.de
→ Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen: antidiskriminierungsstelle.de