Der deutsche Bundesrat: Zusammensetzung und Aufgaben

2019 wurde der Bundesrat in seiner heutigen Form 70 Jahre alt. Neben dem Bundestag bildet er die Zweite Kammer des deutschen politischen Systems. Ebenso wie beim Bundestag, repräsentiert seine Zusammensetzung den Volkswillen. Allerdings unterscheiden sich Ablauf der Zusammensetzung und Aufgaben sowie Arbeitsweise des Bundesrates grundsätzlich von denen des Bundestage. Wie genau der Bundesrat zusammengesetzt wird, und wie er arbeitet, soll hier erklärt werden.

Was ist der Bundesrat?

Die deutsche Verfassung ist in fünf Verfassungsorgane unterteilt: Deutscher Bundestag, Bundespräsident, Bundesverfassungsgericht, Bundesregierung und Bundesrat. Der Bundesrat übernimmt hier die Vertretung der sechzehn deutschen Bundesländer. Er kann also auch als Parlament der Länderregierungen bezeichnet werden. Über ihre Arbeit im Bundesrat wirken die Länder bei Bundesangelegenheiten mit. Dies betrifft sowohl die Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland, als auch die deutsche Gesetzgebung. Da Deutschland EU-Mitglied ist, hat der Bundesrat auch Einflussmöglichkeiten auf Entscheidungen der Europäischen Union.

der Bundesrar von Deutschland

Die Geschichte des Bundesrats: ein historischer Abriss

In der heutigen Form existiert der Bundesrat seit 1949. Doch bereits in früheren deutschen Staatsbünden gab es ähnliche Verfassungsorgane, die die Interessen der einzelnen deutschen Gliedstaaten vertraten. Die Reichstage des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, die ihre Arbeit bis 1806 verrichteten, sind als erster Vorläufer zu nennen. Damals gab es noch keine gewählten Volksvertreter, wie heute, sondern Reichs- und Kurfürsten, die neben König und Kaiser in Regierungsfragen zusammen arbeiteten. Von 1815 bis 1866 tagte der sogenannte Deutsche Bundestag. Die offizielle Bezeichnung des nach dem Wiener Kongress eingesetzten Verfassungsorganes, lautete Bundesversammlung. Alle Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes, also alle deutschen Königs- und Herzogtümer, entsandten ihre Vertreter, die seinerzeit in Frankfurt am Main tagten. Im Unterschied zu heute handelte es sich damals bei der Bundesversammlung um das einzige Verfassungsorgan. Es gab noch keine Gewaltenteilung. Die Beschlüsse des sogenannten Deutschen Bundestages waren alleiniges Bundesrecht. Ein weiterer Unterschied zu heute bestand darin, dass die Gliedstaaten, je nach ihrer Größe, unterschiedlich starke Stimmrechte besaßen. Je größer der Gliedstaat, desto größer auch der mögliche Einfluss auf die Bundesentscheide.
Nach der deutschen Einigung im Jahre 1866, gab es einen neuen deutschen Bundesstaat.

Dieser wurde zunächst Norddeutscher Bund genannt. Ab 1871 dann Deutsches Kaiserreich. Zu jener Zeit wurde die heute wieder genutzt Bezeichnung dieses Verfassungsorganes, Bundesrat, aus der Taufe gehoben. Weiterhin handelte es sich beim Bundesrat um eine Ländervertretung. Der damalige Reichskanzler führte den Vorsitz, und der Bundesrat entschied über die Gesetzgebung. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, während der Weimarer Republik, wurde die Ländervertretung Reichsrat genannt. Damals hatte dieses Verfassungsorgan relativ wenig Einfluss und wirkte kaum am Gesetzgebungsprozess mit. Einzig bei Verfassungsänderungsanträgen hatte er wirkungsvolle Einflussmöglichkeiten. Denn um einer Verfassungsänderung zuzustimmen, genügte bis dahin eine einfache Mehrheit des bundesrätlichen Organes. Zu Zeiten der Weimarer Republik war eine Zweidrittelmehrheit innerhalb des Reichsrates dafür notwendig. Jedoch bereits im März 1933, verbunden mit dem Ermächtigungsgesetzt, verlor der Reichsrat Funktion und Bedeutung. Die nun staatsführenden Nationalsozialisten hatten mit dem Ermächtigungsgesetz erwirkt, dass Gesetze fortan alleine durch die Reichsregierung erlassen werden konnten. Der Reichsrat war im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses also unnötig geworden.

Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahm der neu eingerichtete Bundesrat seine Arbeit wieder auf. Seit 1949 gibt es neben dem Bundestag nun diese zweite Kammer, ohne die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich ist.

Wie setzt sich der Bundesrat heute zusammen?

Die wichtigste Voraussetzung für eine Mitgliedschaft: nur, wer einen Sitz in einer Länderregierung inne hat, kann auch ein Mitglied des Bundesrates werden. Das schließt jegliche Oppositionsmitglieder der Länderregierungen aus. Wer bereits Mitglied des Bundestages ist, kann nicht gleichzeitig Mitglied des Bundesrates sein. Insgesamt sitzen 69 Mitglieder im Bundesrat. Diese werden aus den 16 Länderregierungen entsandt. Dabei findet die jeweilige Einwohnerzahl der Bundesländer insofern Berücksichtigung, dass die Anzahl der Bundesratsmitglieder, die ein Bundesland entsenden darf, abhängig von der Einwohnerzahl des Bundeslandes ist. Als Minimum, auch für sehr bevölkerungsarme Länder gilt: jedes Bundesland darf mindestens drei Mitglieder in den Bundesrat entsenden. Bundesländer mit über zwei Millionen Einwohnern entsenden vier Personen, Länder mit über sechs Millionen Einwohnern fünf, und Länder mit über sieben Millionen Einwohnern sechs Mitglieder. Da die Landtagswahlen der einzelnen Bundesländer zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden, ist der Bundesrat ein sehr lebendiges Gremium, dessen Zusammensetzung vielfachen Wechseln unterlegen ist. Denn immer dann, wenn in einem Bundesland Neuwahlen stattfinden, müssen auch die Entsandten des Landes in den Bundesrat entsprechend neu benannt werden. Parteizugehörigkeit spielt im Bundesrat aus diesem Grund keine solch erhebliche Rolle, wie im Bundestag. Da, wie gesagt, immer nur die Regierung eines Landes über den Bundesrat repräsentiert wird, kann es, was Parteipolitik anbetrifft, im Bundesrat eine völlig andere Zusammensetzung geben, als im Bundestag. Auch ist es möglich, dass Parteien, die auf Bundesebene keinerlei Rolle spielen, am deutschen Gesetzgebungsprozess dennoch mitwirken. Das ist immer dann der Fall, wenn sie in einer der Landesregierungen vertreten sind. Ein Beispiel hierfür wären die Mitglieder des Bundesrates, die der Partei Freie Wähler angehören. Ein erster Landesverband der Freien Wähler gründete sich 1998 in Bayern. Die anderen Bundesländer zogen erst später nach. In mehreren Bundesländern existieren die Landesverbände erst seit 2011. Auf Bundeseben brachte es die noch relativ junge Partei bislang zu keinerlei Erfolgen: es gelang ihr bisher nie in den Bundestag einzuziehen. Auch in den Landesparlamenten ist sie nur in Bayern vertreten, stellt hier jedoch Regierungsmitglieder und deshalb auch zwei Mitglieder des Bundesrates.

Welche Politiker nun genau in den Bundesrat entsandt werden, entscheiden die Wähler auf Landeseben nur sekundär mit. In erster Linie wählen sie ihr Landesparlament, und darüber wer ihr Land regieren soll. Die Landesregierung entscheidet dann welche ihrer Mitglieder in den Bundesrat entsandt werden. Gibt es eine Regierungskoalition, dann werden die Landesmitglieder des Bundesrates mengenmäßig angelehnt an die parteilichen Kräfteverhältnisse innerhalb der Regierungskoalition benannt.

Der Präsident und das Präsidium des Bundesrates

Jährlich, immer zum 1. November, wählt der Bundesrat sein neues Präsidium. Zur Wahl stehen ausschließlich die 16 Ministerpräsidenten der Bundesländer. Aus deren Reihen werden der Präsident sowie der 1. und 2. Vize-Präsident des Bundesrates gewählt. Die Modalitäten dieser Wahl sind streng festgelegt, und dürfen nicht verändert werden. Zuerst wählt man immer den Regierungschef des einwohnerstärksten Bundeslandes. In absteigender Folge geht es dann im Sechzehnjahresrhythmus nach unten, bis zum einwohnerschwächsten Bundesland. Vor der Wahl ist also bereits bekannt welches Bundesland zukünftig den Vorsitz des Bundesrates führen wird. Und auch welche Länder jeweils als 1. und 2. Vertreter im Präsidium sitzen. So soll gewährleistet werden, dass auch die kleinen Bundesländer gleichberechtigt an den Entscheidungen des Länderparlaments beteiligt werden, und genau wie alle anderen alle 16 Jahre die Ratspräsidentschaft übernehmen dürfen. Der Bundesrat soll ein neutrales Gremium sein. All dies wurde 1950 im Königsteiner Abkommen festgelegt. Den damals noch zwölf Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland war es wichtig, dass weder reine Mengenverhältnisse, begründet durch höhere Einwohnerzahlen, noch parteipolitische Überlegungen bei der Wahl des Präsidiums relevant sind.

Die Aufgaben des Präsidiums

Der Präsident des Bundesrates bekleidet in erster Linie repräsentative Aufgaben. Er ist für das Protokoll des Bundesrates zuständig. In diesem Sinne ist er es, der jeweils zu den Plenarsitzungen des Bundesrates einlädt. Der Präsident leitet diese dann und führt auch das Protokoll der Sitzungen. Es gibt zudem Termine im In- und Ausland an denen der Bundesratspräsident teilnimmt und somit das Ländergremium vertritt und repräsentiert. Sollte der Bundespräsident aus Krankheitsgründen verhindert sein, ist der Bundesratspräsident sein Stellvertreter. Er springt auch dann ein, wenn der Bundespräsident während seiner Amtszeit versterben sollte, oder vorzeitig zurück tritt. Die beiden Vizepräsidenten des Bundesrates vertreten wiederum den Bundesratspräsidenten, für den Fall, dass dieser verhindert ist. Hauptaufgabe des Gesamtpräsidiums ist es den Haushaltsplan der Länder aufzustellen, und zu verabschieden. Das Präsidium wird bei seiner Arbeit vom Ständigen Beirat unterstützt. Dieser besteht aus den 16 Bevollmächtigten der Bundesländer. Wer genau der jeweilige Bevollmächtigte eines Bundeslandes ist, dafür gibt es keine Grundregel. Meist handelt es sich bei ihnen um Staatssekretäre der jeweiligen Bundesländer, die nicht Mitglied des Bundesrates sind. Der Ständige Beirat tagt einmal in der Woche und immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Er hat keine Entscheidungsfunktion, sondern ist nur beratend tätig.

Tagesordnung und Geschäftsordnung des Bundesrates

Der Bundesrat trifft sich regelmäßig zu Plenarsitzungen, in etwa im dreiwöchigen Abstand. Alle Plenarsitzungen sind öffentlich und finden in der Regel freitags statt. Welche Themen bei den Plenarsitzungen behandelt werden, ist im Vorfeld auch der Öffentlichkeit bekannt. Etwa zwei Wochen vor jedem Treffen, wird ein Entwurf der jeweiligen Tagesordnung veröffentlicht. Die endgültige Tagesordnung erscheint kurz darauf, und kann noch um aktuelle Themen ergänzt werden.
Die Geschäftsordnung regelt alles, was mit der Arbeit des Bundesrates zusammenhängt. Also von der Bestellung der Mitglieder, der zahlenmäßigen Zusammensetzung des Gremiums, über die konkrete Arbeit des Bundesrates, bis hin zu Regelungen über Kostenerstattung der Fahrtkosten der Mitglieder des Bundesrates.

Die Ausschüsse des Bundesrates

Die konkrete Arbeit des Bundesrates findet nicht während der Plenarsitzungen statt. Diese dienen dazu neue Themen anzusprechen, Arbeitsergebnisse zusammen zu tragen und über Gesetzesvorlagen abschließend abzustimmen. Die eigentliche Arbeit wird vorab in den Ausschüssen des Bundesrates geleistet. Die Ausschüsse sind nach Themen unterteilt. Derzeit verfügt der Bundesrat über 16 ständige Ausschüsse:

  • Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz
  • Ausschuss für Arbeit und Soziales
  • Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten
  • Ausschuss für Fragen der EU
  • Ausschuss für Familie und Senioren
  • Finanzausschuss
  • Ausschuss für Frauen und Jugend
  • Gesundheitsausschuss
  • Ausschuss für Innere Angelegenheiten
  • Kulturausschuss
  • Rechtsausschuss
  • Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
  • Verkehrsausschuss
  • Verteidigungsausschuss
  • Wirtschaftsausschuss
  • Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung

In jedem Ausschuss sitzt jeweils ein Mitglied pro Bundesland. Auch diese werden von den Landesregierungen in die jeweiligen Ausschüsse entsandt. Da die Ausschüsse deckungsgleich mit Bundes- und Landesministerien sind, sitzen in den Ausschüssen jeweils die zuständigen Landesminister. Sollte ein Landesminister verhindert sein, kann er sich durch einen zuständigen Ministerialbeamten vertreten lassen. Diese verfügen über das notwendige Fachwissen, um an der Ausschussarbeit gewinnbringend mitwirken zu können. In die Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten und für Verteidigung, entsenden die Länder üblicherweise ihre Ministerpräsidenten.

Wie arbeiten die Ausschüsse des Bundesrates?

Die Ausschussarbeit wird als ebenso wichtig wie effizient angesehen. Es geht in erster Linie um die Beratung und Prüfung von Gesetzesvorlagen. Hierfür lassen sich die Länder gerne von Experten unterstützen. Von der Möglichkeit Ausschussmitglieder durch Ministerialbeamten vertreten zu lassen, wird rege Gebrauch gemacht. Denn so können die Länder diejenige Person zur Ausschussarbeit heranziehen, die zu einem bestimmten Thema das größte Fachwissen aufweist. Ändert sich das Thema, das beraten wird, ändert sich auch häufig das Ausschussmitglied des jeweiligen Bundeslandes. Die Ausschüsse des Bundesrates sind auch ein wichtiges Bindeglied zwischen Ländern und Bundespolitik. Die Bundeskanzlerin sowie alle Bundesminister dürfen an sämtlichen Ausschusssitzungen teilnehmen und haben dort auch ein Rederecht. Will der Bundesrat, dass der Bund in die Ausschussarbeit mit einbezogen wird, kann er die Anwesenheit und Stellungnahme von Kanzlerin und Bundesministern auch verlangen. Diese können nicht ablehnen. Außerdem können an den Sitzungen auch weitere Bundesbeauftragte teilnehmen. In der Regel sind dies Fachexperten, die zur beratenden Unterstützung in die Ausschussarbeit entsandt werden. Die Ausschusssitzungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Ergebnisse der Beratungen der Ausschüsse müssen per Abstimmung innerhalb des Ausschusses abgesegnet werden. Wurde eine Gesetzesvorlage so innerhalb des Ausschusses freigegeben, gelangt sie anschließend in die nächste Plenarsitzung des Bundesrates. Dieser hat dann nochmals über die Annahme der Vorlage abzustimmen. Die Ausschüsse alleine können Gesetzesvorlagen also noch nicht verabschieden.

Die Europakammer

Die Europakammer kann als eine Art Spezialfall der Ausschussarbeit des Bundesrats angesehen werden. In die Europakammer entsendet jedes Bundesland ein Mitglied, das gleichfalls Mitglied des Bundesrates ist. Die Sitzungen der Europakammer sind immer öffentlich. Eingerichtet wurde sie, um bei Angelegenheiten, die die Europäische Union betreffen, gegebenenfalls sehr zügig reagieren zu können. Die Europakammer hat das Recht stellvertretend für das Plenum des Bundesrates Beschlüsse zu fassen. Der Grund dafür ist, dass der Bundesrat turnusmäßig nur etwa alle drei Wochen, manchmal auch in längeren Abständen tagt. Dieser Turnus wird bei Europaangelegenheiten jedoch oft als zu lange angesehen, um die Fristen der EU einhalten zu können. Im Bedarfsfall beruft der Präsident die Europakammer ein, die dann innerhalb einer Woche tagt. Wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten erschienen sind, ist die Kammer auch beschlussfähig.

Viel Arbeit und Gerechtigkeit

Es sollte deutlich geworden sein, dass ein Hauptteil der Arbeit bezüglich deutscher Gesetzgebungsprozesse im Bundesrat stattfindet. Die absolut paritätische Zusammensetzung aller Ausschüsse sowie der Turnus in der Präsidentschaft machen ihn außerdem zu einem sehr gerechten politischen Organ.

weiterführende Links:

Webseite vom Bundesrat: bundesrat.de
Bundeszentrale für politische Bildung – der Bundesrat: bpb.de

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