Modernes Gesundheitswesen mit der digitalen Patientenakte: Wann kommt sie nun wirklich?
Die Digitalisierung schreitet unaufhörlich voran. Viele Bereiche des privaten Alltags und der Wirtschaft sind bereits mit unzähligen virtuellen, digitalen oder elektronischen Anwendungen bereichert. Nur beim Gesundheitswesen hapert es in Deutschland noch ein wenig. Die ePA, die elektronische Gesundheitsakte, ist offiziell seit dem Jahr 2021 aktiv, doch so richtig gut läuft es mit der Nutzung nicht. Welche Neuigkeiten gibt es hier und wann können Patienten und Ärzte endlich von der umfassenden Patientenakte profitieren?
Seit 2021 ist die ePA eigentlich aktiviert
Theoretisch ist das Gesundheitswesen schon digital, denn die elektronische Patientenakte wurde bereits 2021 eingeführt. Seit diesem Zeitpunkt sind die Krankenkassen dazu verpflichtet, die ePA den Versicherten anzubieten. Doch viele nehmen dieses Angebot noch nicht wahr, obwohl einige Vorteile damit einhergehen. Daten können zentral gesammelt werden. Eine komplette Akte kann mit modernen online Anwendungen auf Wunsch von PDF zu Word konvertiert werden, um eine weitere Bearbeitung zu ermöglichen, damit keine Informationen verloren gehen.
Doch einige Probleme müssen noch gelöst werden, weshalb das Vertrauen in die neue digitale Akte noch stark begrenzt ist. Datensicherheit ist einer der entscheidendsten Punkte, bei denen die Deutschen besonders empfindlich reagieren. Zugriffsrechte müssen definiert werden, denn sonst hat schnell der Augenarzt Einblick in die Sitzungen mit der Psychologin und umgekehrt.
All diese Probleme sollen bis 2025 gelöst werden, denn ab diesem Zeitpunkt soll jeder Versicherter laut Gesundheitsminister Karl Lauterbach die ePA zur Verfügung haben. Nur mit einem ausdrücklichen Widerspruch wird dann von der Nutzung der ePA abgesehen. 80 % der Patienten sollen ab 2025 die ePA nutzen. Aktuell ist es gerade einmal 1 %.
Die Ärztekammern erhöhen den Druck
Die Ärztekammern Deutschlands sehen großes Potenzial in der ePA. Sie könnte zum Dreh- und Angelpunkt eines modernen und digitalen Gesundheitssystems werden. Ein Kritikpunkt, der von vielen Ärzten jedoch zu hören ist, ist die Komplexität der Akte, die ein schnelles und intuitives Einpflegen der Daten verhindert. Hier muss laut Ärztekammer einiges getan werden, damit die Akte eine Erleichterung darstellt und nicht noch mehr Zeit frist. Außerdem sollten Ärzte verpflichtet werden, die Akte zu befüllen und nach so vielen Jahren endlich auf die Digitalisierung setzen.
Einem besonders kniffligen Punkt sehen sich die Macher der Anwendung jedoch gegenüber. Was geschieht mit den Millionen Befunden, die bereits existieren? Viele gibt es in Form manueller Röntgenbilder, Aufzeichnungen und Ähnlichem. Alle Befunde zu digitalisieren ist ein Mammutunternehmen, das noch organisiert werden muss.
Diese Vorteile soll die elektronische Patientenakte bringen
Dass mit der ePA viele Vorteile einhergehen, ist offensichtlich. Drei Punkte stechen da besonders heraus, die wir etwas genauer erläutern möchten.
Verbesserte Versorgung durch schnelle Kommunikation
Das Hauptaugenmerk soll auf der verbesserten Versorgung liegen. Dadurch, dass alle Ärzte Zugriff auf die Daten aus der Patientenakte haben, sind Rezepte anderer Ärzte, Röntgenbilder und Befunde sofort zugänglich. Die Gefahr der doppelten Medikamentierung oder der Verschreibung von Medikamenten, die kontraproduktiv resultieren wird gesenkt. Gleiches gilt für Allergien, die in der ePA vermerkt werden können und auf die der Arzt sofort reagieren kann.
Die kompletten Gesundheitsdaten der Patienten sind an einer Stelle gesammelt. Der Patient selbst kann so beispielsweise auch bei schwerwiegenden Diagnosen schneller eine zweite Meinung einholen, da alle Befunde vorhanden sind. Generell wird die Kommunikation zwischen den Ärzten verbessert, was zu einer effizienten Behandlung der Patienten führt. Das bezieht sich sowohl auf Zeitersparnis als auch auf den Kostenfaktor.
Daten können vom Patienten geladen werden
Ein weiterer Vorteil der Akte, die Patienten werden selbst Daten hochladen können. Menschen mit Herzkreislaufproblemen können hier ein Blutdrucktagebuch führen, andere registrieren die Häufigkeit von Migräneanfällen etc.. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Diese Daten können in Zukunft mit smarten Algorithmen noch zuverlässiger ausgewertet werden. Was wahrscheinlich sogar dazu führen wird, dass Schlaganfälle bis zu einem gewissen Grad vorhergesagt werden können und der Arzt bereits im Vorfeld eine Warnung über das System erhält.
Versicherte erhalten Datenhoheit
Aktuell ist die Einrichtung der ePA freiwillig, weshalb noch sehr wenige Menschen dies in Anspruch nehmen. Ab 2025 soll die elektronische Patientenakte generell angewendet werden und nur im Falle eines Widerspruchs von Seiten des Versicherten nicht genutzt werden. Trotzdem behält der Versicherte die Datenhoheit über all die Informationen, die in der ePA gespeichert werden.
Zugriffsrechte, die einmal genehmigt wurden, können im Nachhinein auch wieder entfernt werden. Aktuell muss noch an den Details gefeilt werden, denn nicht immer ist es notwendig, dass alle Ärzte auf alle Befunde Zugriff haben. Hier sollte es eine Unterteilung geben beziehungsweise die Möglichkeit, Inhalte gezielt für bestimmte Doktoren freizuschalten.
Gleiches gilt für die Krankenkassen selbst. Diese haben generell nicht das Recht, die Daten einzusehen. Sie können aber Dokumente und Informationen in der ePA hinterlegen. Der Patient selbst kann ausgewählte Daten auch selbstständig löschen.
Das kann positiv und negativ bewertet werden. Zum einen hat der Patient die Fähigkeit, selbst zu bestimmen, welche Daten im Netzwerk existieren. Doch auf der anderen Seite wird auf diese Weise eine umfassende und vollständige Patientenakte nicht möglich, was gerade bei fächerübergreifenden Diagnosen zu einem Problem werden kann.
Nachteile: Gegenwind beim Datenschutz und Komplexität
Der Knackpunkt schlechthin ist die Datensicherheit. Die Deutschen lieben ihren Datenschutz und versuchen diesen immer so stark wie möglich aufzustellen. Das Bedenken ist groß, dass Unbefugte an die sensiblen Informationen der Versicherten gelangen. Die technische Umsetzung muss absolut lückenfrei funktionieren. Dabei ist zu bedenken, dass alle Arztpraxen der Bundesrepublik mit der Anwendung verbunden sein müssen.
Des Weiteren muss für die ältere Bevölkerung ein Weg gefunden werden, mit der App umzugehen. Gerade Senioren profitieren von einem Blutdrucktagebuch und ähnlichen Kontrollfunktionen. Doch wenn die Daten nicht in die App kommen, gibt es ein Problem. Aktuell nutzen nur etwa 40 Prozent der Senioren Smartphone oder Tablets, mit denen die Daten eingegeben werden müssten.
Verschläft Deutschland die Digitalisierung im Gesundheitswesen?
Das digitale Gesundheitswesen hat in Deutschland noch einen sehr langen Weg vor sich. Geplant ist viel, doch wie lange dauert es bis zu einer sicheren und vertrauenswürdigen Umsetzung. Die enorme Infrastruktur, die hinter der ePA steht, ist nur der Anfang. Dazu werden sich e-Rezept-Apps und andere Anwendungen gesellen, die dem Gesundheitswesen zugutekommen sollen. Es gilt, das Jahr 2025 abzuwarten, um zu sehen, ob dann die ePA endgültig einen durchschlagenden Erfolg verzeichnen kann.
weiterführende Links:
→ unter dem Schlagwort "Patientenakte" finden Sie hier weitere wichtige Artikel: https://www.frielingsdorf.de/newsletter-und-presse/
→ https://www.adobe.com/de/acrobat/online/pdf-to-word.html
→ https://www.alexanderriegler.at/kompetenz-akademie
→ https://www.bundesaerztekammer.de/baek/ueber-uns/geschichte-der-bundesaerztekammer
→ https://de.statista.com/statistik/daten/studie/166326/umfrage/verbreitung-von-handys-und-smartphones-bei-senioren-in-deutschland/
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