Ein Überblick: Fertigungsverfahren nach DIN 8580 in Deutschland
Das Deutsche Institut für Normung e.V . (DIN) steuert als Projektmanager gemeinsam mit Wissenschaft, Wirtschaft, öffentlicher Hand und Verbrauchern die Erstellung marktgerechter Normen. Im Deutschen Normen-Werk sind aktuell rund 33.500 Normen dokumentiert, darunter auch die den unterschiedlichen Fertigungsverfahren gewidmete DIN 8580.
Keine industrielle Produktion ohne Fertigungstechnologie
Bei der industriellen Produktion von Investitions- und Konsumgütern ist die Fertigungstechnologie unverzichtbar. Sie beschreibt die unterschiedlichen Verfahren zur Herstellung von Bauteilen und widmet sich dabei nicht nur technischen Fragen, sondern berücksichtigt auch planerische und betriebswirtschaftliche Aspekte, dreht sich zudem um Management und Qualitätssicherung. Durch die Wahl der geeigneten Fertigungstechnologie werden die Weichen für ein Produkt gestellt, das allen Ansprüchen genügt und dessen Fertigung technologisch umsetzbar ist. Zudem muss die Wirtschaftlichkeit der Produktion gegeben sein.
Ziele der Fertigungstechnologie:
– den Anforderungen entsprechende Produkte
– technologisch umsetzbare Fertigung
– Wirtschaftlichkeit der Produktion
Sechs Hauptgruppen der Fertigungsverfahren nach DIN 8580
Die DIN 8580 unterteilt die Fertigungsverfahren in sechs Hauptgruppen:
- Urformen
- Umformen
- Trennen
- Fügen
- Beschichten
- Stoffeigenschaften ändern
Das Urformen sorgt für den Materialzusammenhalt. Es fast alle Fertigungsverfahren zusammen, bei denen aus zuvor formlosen Stoffen ein Werkstück entsteht. Die Ausgangsmaterialien können in flüssiger Form, als Pulver, Granulat oder Gas vorliegen. Gießverfahren gelten als bedeutendste Vertreter dieser Hauptgruppe. Dabei erstarren flüssige oder breiige Stoffe, meist Metalle oder Kunststoffe, in Gussformen. Die Gussform stellt dabei ein negatives Abbild des Werkstücks dar. Ziel eines jeden Gießvorganges ist es, ein Gussstück zu erzeugen, das bezüglich seiner Abmessungen und Form bereits dem Endprodukt entspricht oder lediglich eine geringe Nachbearbeitung erforderlich macht.
Beim Umformen bleibt der Zusammenhalt des jeweiligen Werkstoffes erhalten. Dabei wird festem Ausgangsmaterial die angestrebte Geometrie verliehen, ohne dass Material abgetragen oder hinzugefügt wird. Als wichtigste Umformverfahren sind Walzen, Schmieden, Pressen, Tiefziehen und Biegen zu nennen. Da Roh- und Fertigteil über die gleiche Masse verfügen, spart das Umformen Rohstoffe. Das Warmumformen erhitzter Werkstücke verringert den erforderlichen Kraftaufwand, erschwert jedoch die Einhaltung von Maßtoleranzen . Werden Werkstücke kalt umgeformt, bleibt die Oberflächengüte erhalten, lassen sich die angestrebten Maße leichter einhalten.
Der Materialzusammenhalt an der zu bearbeitenden Stelle wird beim Trennen aufgehoben. Durch Materialabtrag verändert sich die Form des Werkstücks, wird dessen Volumen reduziert. Spanende Verfahren kommen bei den unterschiedlichsten Materialien zum Einsatz. Hierzu zählen Fräsen, Sägen, Bohren, Drehen und Hobeln. Spanlose Trennverfahren wie Stanzen oder Scherschneiden tragen kein Material ab, sondern heben lediglich an der Trennstelle den Zusammenhalt des Werkstoffs auf. Auch autogenes Brennschneiden und Funkenerosion werden dem Trennen zugeordnet.
Beim Verfahren des Fügens werden zwei oder mehrere Werkstücke lösbar oder unlösbar miteinander verbunden. Lösbare Verbindungen, meist realisiert über Schrauben oder Stifte, lassen sich zerstörungsfrei wieder aufheben. Zu den unlösbaren Verbindungstechniken zählen beispielsweise das Nieten, Kleben, Löten und Schweißen
Beim Beschichten wird eine fest haftende Schicht auf das Werkstück aufgetragen. Gängige Verfahren sind das Lackieren, Galvanisieren, Auftragsschweißen und Pulverbeschichten.
Die Änderung der Stoffeigenschaften kommt vorwiegend beim metallischen Werkstoffen zur Anwendung, zum Beispiel durch die thermischen Verfahren Glühen, Anlassen oder Härten.
Welche Bereiche gehören zur Fertigungstechnik?
Neben den Fertigungsverfahren, wie sie in der DIN 8580 in Hauptgruppen gegliedert sind, richtet die Fertigungstechnik ihr Augenmerk auch auf Werkzeugmaschinen und deren Werkzeuge sowie die Fertigungsmesstechnik. Von der Planung der Fertigung und deren Steuerung sowie der Organisation bis hin zum Qualitätsmanagement reichen die Aufgaben der Fertigungstechnik. Alle zur Produktherstellung erforderlichen Prozesse, Maschinen und Werkzeuge fallen in deren Zuständigkeitsbereich.
Erst die Fertigungstechnik ermöglicht eine effiziente wie qualitativ hochwertige Produktion. Sie behält stets alle erforderlichen Prozesse im Blick, plant, steuert und optimiert sie entsprechend der Kundennachfrage und der daraus resultierenden Produktionsmengen. Oberstes Ziel ist es, Wirtschaftlichkeit sowie Ressourcenverbrauch zu optimieren und gleichzeitig die Qualität der Produkte zu erhöhen.
Welche Tätigkeiten verrichtet ein Fertigungstechnologe?
Techniker der Fachrichtung Fertigungstechnologie arbeiten eng mit Ingenieuren zusammen, und das vorwiegend in der industriellen Produktion. Sie konstruieren Werkstücke, betreuen Fertigungsanlagen, planen und organisieren Arbeitsschritte und Produktionsverfahren. Auch die Programmierung numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen zählt zu den Aufgaben eines Technikers der Fachrichtung Fertigungstechnologie. Er kümmert sich um die Materialbereitstellung und die termingerechte wie wirtschaftliche Fertigung, unterweist Facharbeiter und widmet sich der Qualitätskontrolle.
Den Ingenieuren in der Fertigungstechnik eröffnen sich vielfältige Karrieremöglichkeiten. Sie arbeiten als Leiter der Fertigung, als Produktionsplaner oder Qualitätsmanager. Mit ihrem Fachwissen beraten sie Kunden kompetent zu Produktionsfragen, sind aber auch im Bereich Forschung und Entwicklung tätig. Als Kernbereich der Ingenieurswissenschaften bildet die Fertigungstechnik die Grundlage für die industrielle Produktion.
High-Tech-Fertigungsverfahren auf dem Vormarsch
Die Herausforderungen, mit denen sich die Fertigungsindustrie konfrontiert sieht, zwingt sie zu einem tiefgreifenden Transformationsprozess. Geopolitische Krisen und die damit verbundene Rohstoffknappheit und Störung der Lieferketten, die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit, drastisch gestiegene Energiekosten und der Fachkräftemangel erfordern intelligente Lösungen. Ohne den Einsatz von High-Tech ist wirtschaftlicher Erfolg inzwischen undenkbar. Spitzentechnologie, wie sie beispielsweise in der Automobilindustrie zum Einsatz kommt, findet ihren Weg in nahezu alle industriellen Produktionsbetriebe. Mit der wachsenden Innovationsbereitschaft entsteht die Notwendigkeit beträchtlicher Investitionen.
Moderne Fertigungsverfahren lösen konventionelle Produktionstechniken ab, was wiederum erhöhte Anforderungen an die Fertigungstechnik stellt. Ohne eine datengetriebene Planung und Organisation können Industriebetriebe im globalen Wettbewerb nicht mehr bestehen. Durch den Einsatz von High-Tech werden Unternehmen zu Technologieführern und generieren Wachstum. Erfolgversprechende Trends müssen immer schneller erkannt, neue Kundenbedürfnisse möglichst zeitnah befriedigt werden.
Verstärkt setzen Zukunftstechnologien auf Künstliche Intelligenz (KI). Auch bei der Automatisierung von Prozessen spielt KI eine maßgebliche Rolle. Sie macht vor den Fertigungsverfahren nach DIN 8580 keinen Halt. Wenngleich die Grundprinzipien der industriellen Fertigung nach wie vor Gültigkeit besitzen, so geht die Anwendung von High-Tech-Technologieren doch mit massiven Veränderungen einher.
Der Stellenwert der Fertigungstechnik erhöht sich entsprechend dem zur Anwendung kommenden Anteil von High-Tech. Die Effektivität der Produktion gerät noch stärker in den Blick, da hohe Investitionskosten angefallen sind. Nur durch eine exakte Planung und Organisation der Fertigung ist es Unternehmen möglich, wirtschaftlich zu arbeiten und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die stetige Überwachung aller Prozesse und die unverzügliche Korrektur auftretender Abweichungen sind dabei unverzichtbar.
Fertigungsverfahren eng mit der Digitalisierung verknüpft
High-Tech spielt bei den Fertigungsverfahren nach DIN 8580 eine zunehmend an Bedeutung gewinnende Rolle. Dazu zählen generative Fertigungsverfahren, realisiert mit 3D-Druckern. Sowohl Werkstücke aus Metall als auch Kunststoff können mit Hilfe von 3D-Druckern pass- und formgenau hergestellt werden. Die DIN 8580 ordnet dieses Verfahren der Gruppe des Urformens zu. Der 3D-Druck kommt in den verschiedensten Branchen zum Einsatz und eignet sich auch hervorragend für die Herstellung von Prototypen und Kleinserien.
Der 3D-Druck ermöglicht komplexe Strukturen und Formen, die mit konventionellen Fertigungsverfahren nicht oder nur mit erheblichem Aufwand umsetzbar wären. Der Materialeinsatz reduziert sich auf den unmittelbar benötigten Werkstoff. Der langwierige und kostenintensive Bau von speziellen Werkzeugen und Formen entfällt. Kundenwünsche können schneller realisiert werden.
Der 3D-Druck kann die konventionelle Fertigung jedoch nicht komplett ersetzen. Vielmehr ist er als Ergänzung zu den traditionellen Verfahren zu sehen, die in vielen Bereichen nach wie vor ihre Vorteile bieten.
Die Themen Industrie 4.0 und Digitalisierung betreffen auch und gerade die Fertigungsverfahren. Werden Prozesse und Maschinen untereinander digital vernetzt, lässt sich die Effektivität beträchtlich steigern. Die Fertigungstechnik stellt sich diesen technologischen Veränderungen. Deren Experten entwickeln maßgeschneiderte Lösungen und sorgen für deren exakte Umsetzung. Die Vorteile der jeweiligen Fertigungsverfahren lassen sich so optimal nutzen.
Stellenwert der Fertigungstechnik nimmt weiter zu
Die Fertigungstechnik als bedeutende Disziplin der Ingenieurwissenschaften wird ihren Stellenwert künftig nicht nur wahren, sondern weiter ausbauen können. Mit der Weiterentwicklung der Fertigungsverfahren nach DIN 8580 steigen auch die Anforderungen an die Fertigungstechnik. Ohne sie wäre es unmöglich, jene Produkte wirtschaftlich zu produzieren, die unser modernes Leben prägen.