Von wegen nur Filterkaffee: Deutsche Kaffeetrends & Tipps vom Barista-Profi
Beliebter als Bier, fast so beliebt wie Fruchtsaft und Mineralwasser: Die Deutschen trinken laut Statistik 3,3 Tassen Kaffee pro Tag. Bald sollen es vier sein. Bundesland-Spitzenreiter sind Niedersachsen und das Saarland. Früher kamen diese Tassen hauptsächlich aus einer Filterkaffeemaschine.
Und heute? Liegt die Kaffeemaschine immer noch vorn. Doch der Kaffeevollautomat holt im Eiltempo auf. Warum das so ist? Kaffeeblogger Arne Preuß von coffeeness weiß mehr – und gibt Tipps für die (automatische) Kaffeebar zu Hause.
Mehr Abwechslung, wenig Aufwand: Die Ära Kaffeevollautomat
Auch wenn eine schöne Tasse Filterkaffee für deutsche Konsumenten immer noch an erster Stelle steht, holen Cappuccino , Caffè Crema und Latte Macchiato seit Jahren auf. Dafür musste man früher ins Café gehen oder sich mit einer Siebträgermaschine vertraut machen. Heute reicht ein simpler Knopfdruck: Der Kaffeevollautomat kann jeden zum Barista machen.
Steckte die automatische Kombination aus Kaffeemühle, Brühgruppe und Milchschäumer vor etwa zehn Jahren noch in den Kinderschuhen, bringt unser Kaffeevollautomaten Test heute reihenweise Sieger hervor. Denn Knopfdruck-Bequemlichkeit und erstklassige Ergebnisse in der Tasse schließen sich längst nicht mehr aus.
Das haben offensichtlich auch die deutschen Konsumenten erkannt. Laut einer offiziellen Umfrage von 2022 besitzen 24,2 Prozent aller deutschen Haushalte inzwischen einen Kaffeevollautomaten. 2014 waren es nur rund zwölf Prozent.
Dieser Sprung nach oben hat zwangsläufig auch das Verhältnis zur Hauptzutat geändert: Während gemahlene Kaffeebohnen zwischen 2016 und 2022 immer weniger im Einkaufswagen landen, hat sich der Absatz ganzer Kaffeebohnen im gleichen Zeitraum verdoppelt.
Kaffeebohnen: Die wahren Stars im Latte Macchiato!
Deutschland importiert monatlich rund 91.000 Tonnen Kaffee. Die meisten Bohnen kommen aus Brasilien. Das gilt auch für die Kaffeebohnen für Vollautomaten von coffeeness. Brasilien liegt nicht gerade um die Ecke – und die Kaffeeproduktion ist eine der ressourcenintensivsten überhaupt.
Leider gilt für viele Konsumenten dennoch das Schnäppchen-Prinzip: In einer Umfrage für den Tchibo Kaffeereport 2023 gaben insgesamt über 70 Prozent der Befragten an, dass sie für ein Kilo Kaffee höchstens 13 Euro bezahlen würden. Guter Kaffee muss jedoch mindestens das Doppelte kosten.
Damit kann nicht nur eine adäquate Entlohnung der Kaffeebauern sichergestellt werden. Auch die Qualität der Bohnen nimmt mit jedem Euro zu – solange sich Kunden an Röstereien wenden, die ihre Kaffeebohnen direkt bei den Erzeugern beschaffen und transparente Angaben zur Herkunft und den Bohnen selbst machen.
Denn Bohne ist nicht gleich Bohne. Bisher sind rund 120 verschiedene Arten (Varietäten) bekannt. Jede hat ein anderes Aromenprofil, jede schmeckt in einem Espresso, als Cappuccino mit Milch oder als Filterkaffee etwas anders. Wer etwas mehr in seine Bohnen investiert, entdeckt völlig neue Geschmackswelten – garantiert.
Denn Kaffee braucht keinen Zucker, um süß und schokoladig, nach Karamell oder wie ein Obstteller zu schmecken. Das schaffen die etwa 800 bekannten Aromen in der Bohne schon selbst. Das funktioniert jedoch nur, wenn sich Verbraucher das coffeeness-Motto zu Herzen nehmen:
Nur, wer oben etwas Gutes reinkippt, bekommt unten etwas Gutes raus.
Aus einer 5-Euro-Tüte Bohnen kann einfach kein guter Latte Macchiato entstehen. Egal, wie hochwertig der Kaffeevollautomat oder die Kaffeemaschine sind. Eine Bockwurst wird in der teuren Pfanne schließlich auch nicht zum Steak.
Wie finde ich den richtigen Kaffeevollautomaten?
Spätestens seit den Corona-Jahren will jeder Hersteller etwas vom wachsenden Maschinenumsatz abhaben. Allein zwischen Januar und August 2022 wurden in Deutschland etwa 865 Millionen Euro verdient – und zwar nur mit Kaffeevollautomaten.
Um sich immer wieder ins Spiel zu bringen, launchen viele Marken regelmäßig neue Geräte oder Upgrades, die angeblich mehr können als ihre Vorgänger. Manchmal stimmt das, meistens nicht.
Wer sich einen Kaffeevollautomaten kaufen möchte, sollte nicht zuerst auf das Angebot schielen, sondern sich drei wichtige Fragen stellen:
- Welche Getränke werde ich voraussichtlich wirklich trinken? Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Gerätepreis und der Anzahl vorprogrammierter Kaffeegetränke. Doch wer sowieso nur Cappuccino oder Cafe Crema trinkt, braucht die 40 anderen Variationen nicht.
- Mit welcher Bedienung komme ich am besten zurecht? Touchscreen und Apps sind zwar auf dem Vormarsch. Doch ein einfacher Vollautomat mit Tasten und Display lässt sich häufig schneller und zuverlässiger einstellen – und kostet deutlich weniger.
- Welche Zusatzfunktionen sind mir wichtig? Heißes Wasser auf Knopfdruck, Tassenwärmer, einstellbarer Milchschaum – an Ideen mangelt es nicht. Ein generelles Kaufargument sind sie jedoch allesamt nicht.
Was grundsätzlich keine Rolle spielen sollte? Die Marke, das Design, der Preis. Ein nicht so hübscher Kaffeevollautomat für um die 300 Euro kann mit den richtigen Einstellungen, Kaffeebohnen und Grundfunktionen dieselben Ergebnisse erzielen wie ein Luxusmodell für 3.000 Euro.
Profi-Tipp: Auch wenn viele Marken gern so tun, als könnten ihre Maschinen alles: Filterkaffee kann (bisher) kein Kaffeevollautomat für Endkunden. Die Zubereitungsmethoden sind komplett verschieden. Wer ausschließlich Filterkaffee trinkt, ist bei Vollautomaten also falsch.
Sind die grundsätzlichen Parameter für den eigenen Kaffeevollautomaten gefunden, geht es an den Gerätevergleich. Hier sollten drei Faktoren eine Hauptrolle spielen:
- Mahlwerk: Je mehr Stufen vorhanden sind, desto besser lässt sich der Vollautomat auf verschiedene Röstungen und Geschmacksvorlieben einstellen.
- Milchschaumsystem: Eine Dampflanze wie an der Espressomaschine macht die meiste Arbeit, bietet aber auch den individuellsten Schaum. Wer Automatik liebt, erhält über ein Milchschlauchsystem (Cappuccinatore) derzeit bessere Ergebnisse als aus einem voll integrierten Behälter.
- Größe und Aufbau: Die Position des Wassertanks, die Maße des Geräts und zum Beispiel der Neigungswinkel eines Touchdisplays werden bei der Auswahl häufig vergessen. Diese Faktoren bestimmen allerdings im erheblichen Maß den (optimalen) Aufstellort in der Küche.
Kaffeevollautomat aussuchen: Günstig online oder im Geschäft kaufen?
Seit Corona ist der Onlinehandel in Deutschland endgültig explodiert. Auch im Kaffeegeschäft. Viele Online-Shopper erwarten bessere Preise, mehr Komfort bei Kauf und Anlieferung sowie eine breitere Auswahl. Bei Kaffeevollautomaten stimmt das nur bedingt:
Die Online- und Offline-Preise für Vollautomaten unterscheiden sich kaum – ganz gleich, ob für neue oder ältere Maschinen. Die bequemere Anlieferung ist daher der wichtigste Online-Vorteil. Selbst dann ist es sinnvoll, sich das Gerät der Wahl einmal vor Ort anzuschauen.
Zwar gibt es auch bei Vollautomaten Preisnachlässe, sobald eine Neuauflage ins Haus steht oder die Serie ausläuft. Allerdings gibt es in dieser Gerätewelt kaum Superschnäppchen. Es lohnt sich auf jeden Fall, ein neues Modell einige Monate zu beobachten – in diesem Zeitraum fällt der Preis schnell. Danach passiert jedoch nicht mehr viel. Rabatte über 20 Prozent sind grundsätzlich selten. Shops mit Dumpingpreisen, insbesondere für aktuelle Serien, sind meist ein Fake.
Kaffee in Deutschland: Was kommt, was bleibt, was geht
Tschüss, Kaffeekapseln und Kaffeepads! Die Einzelportionsmaschinen verursachen nicht nur einen riesigen Müllberg, sondern auch mehr Aufwand, als das System verspricht. Der Absatz an Maschinen und Kapseln sinkt seit etwa zwei Jahren kontinuierlich. Und dafür ist nicht nur die Umwelt dankbar.
Gleichzeitig wächst der Umsatzanteil an Fairtrade-Kaffeebohnen – das lässt zumindest darauf hoffen, dass das Bewusstsein für hochwertigen Kaffee weiter steigt.
Coronabedingt mussten viele Cafés und Kaffeebars in den vergangenen Jahren schließen. Dafür steigt der Kaffeekonsum zu Hause immer weiter an: 2022 tranken laut Kaffeereport 2023 rund 87 Prozent der Deutschen ihren Kaffee am häufigsten in den eigenen vier Wänden. Mit dem richtigen Equipment und guten Kaffeebohnen schmeckt das genauso gut wie in der besten Kaffeebar der Stadt!