Warum HR einer der Geschäftsbereiche mit geringerem KI-Einsatz bleiben sollte

Willkommen zu einem weiteren Artikel über die digitale Transformation in der Personalberatung und die Rolle des Digital Recruiters. In dieser digitalen Welt scheint künstliche Intelligenz (KI) das große Zauberwort zu sein. Heute wollen wir jedoch einen etwas anderen Blickwinkel einnehmen und diskutieren, warum der HR-Bereich einer der Bereiche sein könnte, in dem ein geringerer Einsatz von KI sinnvoll ist.

Menschlichkeit versus Automatisierung

Eine erfolgreiche Personalabteilung ist mehr als eine Ansammlung von Prozessen und Regeln. Sie ist das Herz eines Unternehmens, das seinen Puls am Wohlbefinden und der Entwicklung der Mitarbeiter:innen hat. Drei menschliche Eigenschaften lassen sich nur schwer durch Automatisierung ersetzen: Empathie, Kommunikation und das Gespür für individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten. Empathie ist die Fähigkeit, sich in die Situation und die Gefühle anderer hineinzuversetzen. In einer Personalabteilung kann dies bedeuten, das Wohlbefinden eines:r Mitarbeitenden zu verstehen oder die Schwierigkeiten, die jemand haben könnte, sich an eine neue Rolle zu gewöhnen, zu berücksichtigen. 

Warum HR einer der Geschäftsbereiche mit geringerem KI-Einsatz bleiben sollte

Kommunikation ist ebenso wichtig. Sie sorgt für Klarheit, fördert das Verständnis und baut Vertrauen auf. Sie ist das Mittel, um Informationen weiterzugeben, Erwartungen zu formulieren und Feedback zu geben. Nicht zuletzt ist es wichtig, ein Gespür für die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten zu haben. Jede:r Mitarbeitende ist einzigartig und hat unterschiedliche Stärken, Schwächen und Ziele. Wenn eine Personalvermittlung Führungskräfte auswählt, kann diese Unterschiede erkennen und jede:n Einzelne:n dabei unterstützen, sein oder ihr volles Potenzial zu entfalten und die passende Position zu finden.

KI in der Personalbeschaffung – Segen oder Fluch?

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Recruiting hat das Potenzial, die Personalbeschaffung grundlegend zu verändern. Durch Automatisierung und Datenanalyse kann KI die Produktivität steigern und das Screening von Bewerbungen erleichtern, was insbesondere bei einer hohen Anzahl von Bewerbungen einen erheblichen Vorteil darstellt. KI-gestützte Algorithmen können Fähigkeiten und Qualifikationen analysieren und so mögliche Übereinstimmungen zwischen Bewerber:innen und offenen Stellen identifizieren.

Der Einsatz von KI im Recruiting stellt auch in Deutschland zunehmend Unternehmen vor neue Herausforderungen. Eine der größten ist das Risiko von Diskriminierung und Voreingenommenheit. KI-Systeme lernen aus den Daten, die sie analysieren. Enthalten diese Daten beispielsweise einen überwiegenden Anteil männlicher Bewerber, kann dies zu einer Bevorzugung männlicher Bewerber führen. Mit diesem Problem sah sich Amazon konfrontiert, als es feststellte, dass sein KI-gestütztes Bewerbungssystem Frauen benachteiligte.

Hätte ein:e menschliche:r Personalverantwortliche:r diese Bewerber:innen ausgewählt, hätte er oder sie die nötige Erfahrung und Empathie gehabt, um dieses Ungleichgewicht zu erkennen und zu korrigieren. Eine KI ist jedoch nur so gut, wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird. Sie kann nicht über den Horizont ihrer Programmierung hinausblicken und Diskriminierung erkennen, wenn sie nicht darauf programmiert wurde.

Daher ist es wichtig, dass Unternehmen, die KI in der Personalbeschaffung einsetzen, sorgfältig auf die Qualität und Vielfalt der Daten achten, mit denen ihre KI-Systeme trainiert werden. Sie müssen sicherstellen, dass sie umfassende und repräsentative Datensätze verwenden, und die Algorithmen ständig überwachen und anpassen, um Diskriminierung zu vermeiden und faire Einstellungspraktiken zu gewährleisten.

Die Bedeutung von Transparenz, Vertrauen und Ethik

Vertrauen spielt eine Schlüsselrolle in der Personalrekrutierung. Mitarbeiter:innen müssen wissen, dass ihre Interessen und Bedürfnisse respektiert werden, ein Aspekt, der von Algorithmen nicht erfüllt werden kann. Hier hat der Mensch einen entscheidenden Vorteil, da er in der Lage ist, Vertrauen aufzubauen und Empathie zu zeigen, während die Maschine an ihre Grenzen stößt.

Transparenz ist ebenfalls unerlässlich, um das Vertrauen der Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu erhalten. Sie müssen jederzeit Zugang und Kontrolle über ihre persönlichen Daten haben, insbesondere wenn sie von KI-Systemen genutzt werden.

Darüber hinaus müssen datenschutzrechtliche und ethische Fragen im Zusammenhang mit KI sorgfältig betrachtet werden. Wie viel sollte ein Unternehmen über seine Mitarbeiter:innen wissen? Wie kann eine diskriminierungsfreie Nutzung von Algorithmen sichergestellt werden? 

KI als Unterstützung, nicht als Ersatz

Die Idee von künstlicher Intelligenz im HR-Bereich lässt sich am besten als Ergänzung, nicht als Ersatz verstehen. KI kann unschätzbare Dienste leisten zum Beispiel im Vertrieb oder im Marketing , indem sie Routineaufgaben übernimmt, die mit großen Datenmengen verbunden sind. Sie kann dazu beitragen, die Effizienz von HR-Prozessen zu steigern, indem sie beispielsweise bei der Sichtung von Bewerbungen, der Auswahl geeigneter Bewerber:innen oder der Automatisierung von Verwaltungsaufgaben hilft.

Es ist jedoch wichtig, KI als das zu betrachten, was sie ist: ein Werkzeug . Sie eignet sich hervorragend, um bestimmte Aufgaben zu automatisieren und wertvolle Erkenntnisse aus großen Datenmengen zu gewinnen, kann aber die im Personalwesen so wichtigen menschlichen Qualitäten nicht ersetzen. Empathie, Menschenkenntnis, emotionale Intelligenz – all diese Aspekte spielen im Personalwesen eine wesentliche Rolle und können nicht durch Technologie ersetzt werden.

Abschließende Gedanken

In einer sich rasant entwickelnden Welt, die immer stärker von technologischen Fortschritten geprägt wird, ist der Drang, Prozesse zu automatisieren und künstliche Intelligenz umfassend einzusetzen, sehr groß und zunehmend verlockend. Diese Tendenz ist verständlich, denn Technologie kann viele unserer alltäglichen Herausforderungen erleichtern und Prozesse effizienter gestalten. In der Welt des Personalwesens ist es jedoch von zentraler Bedeutung, niemals aus den Augen zu verlieren, dass wir es mit Menschen zu tun haben – Individuen mit ihren ganz eigenen, einzigartigen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Aspirationen.

Mit dem stetigen Voranschreiten der Digitalisierung wird die Rolle des digitalen Recruiters weiterhin an Bedeutung gewinnen und eine immer größere Rolle in der gesamten HR-Landschaft spielen. In diesem Zusammenhang kann und sollte künstliche Intelligenz dazu genutzt werden, den Menschen zu unterstützen, sie jedoch nicht zu ersetzen. Es ist absolut entscheidend, eine sorgfältige Balance zwischen dem Einsatz von Technologie und dem menschlichen Aspekt zu finden. Diese Balance ist letztlich der Schlüssel zu einer erfolgreichen und wirkungsvollen Personalarbeit in der digitalen Welt.

Denn am Ende des Tages, trotz aller Fortschritte und Veränderungen, sind es immer noch die Menschen – mit all ihren Fähigkeiten, Talenten, Erfahrungen und Leidenschaften – und nicht die Algorithmen oder künstliche Intelligenz, die ein Unternehmen ausmachen und zum Erfolg führen. Deshalb sollte der Mensch, mit all seinen Facetten, immer im Mittelpunkt unserer Personalarbeit stehen, unabhängig davon, wie sehr sich die Technologie auch weiterentwickelt.

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