Pflegegrad beantragen

Geht die Selbstständigkeit im Alltag durch die Begleiterscheinungen des Alters, durch Unfälle, Krankheiten und andere unvorhergesehene Ereignisse verloren, kommt es auf die Hilfe und Unterstützung Dritter an. Damit die notwendige Pflege möglich und finanzierbar wird, können Leistungen der Pflegekasse beantragt werden. Ist die Situation noch neu für Sie, werden Sie nach Informationen rund um die Pflegeleistungen und deren Beantragung suchen. Wir möchten Ihnen nun einige Tipps an die Hand geben, die Ihnen einen groben Überblick verschaffen und das Pflegegeld-Verfahren erleichtern helfen.

eine junge Hand hält eine ältere Hand

Welche Pflegegrade gibt es in Deutschland?

Ab dem Jahre 2017 hat die Pflegereform einige Änderungen in Deutschland mit sich gebracht. So wurde der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert. Beschrieben werden Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen. Darin eingeschlossen sind die Mobilität, die kommunikativen Fähigkeiten, psychische Probleme, die vormals als Grundpflege definierte Selbstversorgung und die allgemeine Alltagsgestaltung.

Das bisherige System aus drei Pflegestufen wurde durch nunmehr fünf Pflegegrade abgelöst.

Die Änderungen verdeutlicht folgende Übersicht.

Pflegestufe ohne eingeschränkte Alltagskompetenz
Pflegestufe mit eingeschränkter Alltagskompetenz
Pflegestufe 1
Pflegegrad 2
ohne Pflegestufe
Pflegegrad 2
Pflegestufe 2
Pflegegrad 3
Pflegestufe 1
Pflegegrad 3
Pflegestufe 3
Pflegegrad 4
Pflegestufe 2
Pflegegrad 4
Pflegestufe 3 Härtefall
Pflegegrad 5
Pflegestufe 3 (Härtefall unerheblich)
Pflegegrad 5

Weitere mit der Pflegereform 2017 in Kraft getretene Neuerungen stellt folgende Übersicht gegenüber:

überholtes Pflegegesetz
Neuerungen seit der Pflegereform 2017
Pflegebedürftigkeit entspricht dem Grad der Hilfebedürftigkeit
Pflegebedürftigkeit entspricht dem Grad der individuellen Selbstständigkeit
Unterteilung in drei Pflegestufen, inklusive Härtefall
Unterteilung in fünf Pflegegrade
keine Leistungen für etwa 500.000 Pflegebedürftige
Pflegegrad 1 fängt die Betroffenen auf
Kriterien der Begutachtung beziehen sich auf Minutenwerte
Begutachtung folgt einer Punkteskala bezüglich der Fähigkeiten, den Alltag selbstständig zu bewältigen
physische Einschränkungen stehen im Vordergrund
physische und kognitive Einschränkungen sind gleichgestellt
Pflegegeld meist nur bei körperlichen Einschränkungen
auch ohne körperliche Einschränkungen Anspruch auf Pflegegrad
bei stationärer Pflege erhöht sich der Eigenanteil mit der Pflegestufe
einheitlicher Eigenanteil, unabhängig von der Pflegestufe

Pflegegrad beantragen

Wie unterteilen sich die einzelnen Pflegegrade?

Während der Pflegebegutachtung werden Punkte vergeben. Diese orientieren sich an der Intensität und der Häufigkeit der Unterstützung des Pflegebedürftigen. Durch die Addition der ermittelten Punkte wird letztlich der Pflegegrad bestimmt. Je höher die Punktzahl ausfällt, umso größer sind der Hilfsbedarf und die entsprechenden Leistungen für Pflege und Betreuung.

Die Aufteilung im Einzelnen:

  • Pflegegrad 1 = Punkte: 12,5 bis 26 (Selbstständigkeit gering beeinträchtigt)
  • Pflegegrad 2 = Punkte 27 bis unter 47,5 (Selbstständigkeit erheblich beeinträchtigt)
  • Pflegegrad 3 = Punkte: 47 bis 69 (Selbstständigkeit schwer beeinträchtigt)
  • Pflegegrad 4 = Punkte: 70 bis 89 (Selbstständigkeit sehr schwer beeinträchtigt)
  • Pflegegrad 5 = 90 bis unter 100 Punkte (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung gegeben)

Wie wird ein Pflegegrad beantragt?

Der erste Schritt bei der Beantragung eines Pflegegrades ist die Stellung eines formlosen Antrages bei der zuständigen Pflegekasse. Die Pflegekasse finden Sie dort, wo sich auch Ihre Krankenkasse befindet.

Tipp: Das Schreiben sollte folgenden Satz enthalten: „Hiermit stelle ich einen Antrag auf Leistungen der Pflegekasse".

Sie können den Antrag per Brief einsenden oder auch Fax und E-Mail nutzen. Da es sich um einen formlosen Antrag handelt, ist auch die telefonische Antragstellung möglich. Es empfiehlt sich jedoch der Schriftweg.

Innerhalb der nächsten 14 Tage wird sich die Pflegekasse dann bei Ihnen melden. Sie bekommen ein Formular zugeschickt, wo weitere Angaben zur pflegebedürftigen Person abgefragt werden. Das Formular füllt die Pflegeperson aus und schickt es an die Pflegekasse zurück. Sind die betroffenen Personen dazu nicht in der Lage, übernimmt eine dazu bevollmächtigte Person das Ausfüllen.

Nachdem der Antrag zurückgeschickt wurde, erfolgt im nächsten Schritt die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD). Bei privat versicherten Personen kündigt sich der Medicproof an. Im häuslichen Umfeld wird nun eine professionelle Einschätzung vorgenommen und anhand des bereits erwähnten Punktesystems einer der genannten Pflegegrade ermittelt. Im letzten Schritt erhalten Sie erneut Post von der Pflegekasse. Das Schreiben enthält den ermittelten Pflegegrad und die damit in Verbindung stehenden Pflegeleistungen.

Hinweis: Der Prozess der Beantragung eines Pflegegrades umfasst von der Antragstellung bis zur Ausfertigung des Pflegegrad-Bescheides in der Regel einen Zeitraum von 25 Arbeitstagen, also in etwa fünf Wochen.

Welche Leistungen werden gezahlt?

1. Pflegegeld

  • Wird ausgezahlt, wenn die Pflege von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn übernommen wird.
  • Höhe abhängig vom Pflegegrad:
    • Pflegegrad 2: 316 Euro
    • Pflegegrad 3: 545 Euro
    • Pflegegrad 4: 728 Euro
    • Pflegegrad 5: 901 Euro

2. Pflegesachleistungen

  • Werden von professionellen Pflegediensten erbracht (z.B. Körperpflege, Hilfe im Haushalt).
  • Höhe abhängig vom Pflegegrad:
    • Pflegegrad 2: bis zu 689 Euro
    • Pflegegrad 3: bis zu 1.298 Euro
    • Pflegegrad 4: bis zu 1.612 Euro
    • Pflegegrad 5: bis zu 1.995 Euro

3. Kombinationsleistung

  • Kombination aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen.
  • Der Anspruch auf Pflegesachleistungen reduziert sich anteilig, wenn Pflegegeld bezogen wird.

4. Entlastungsbetrag

  • 125 Euro monatlich für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen (z.B. Begleitung außer Haus, Haushaltshilfe).
  • Kann unabhängig vom Pflegegrad und der Inanspruchnahme anderer Leistungen beantragt werden.

5. Leistungen für die stationäre Pflege

  • Zuschuss zu den Kosten der vollstationären Pflege in einem Pflegeheim.
  • Höhe abhängig vom Pflegegrad:
    • Pflegegrad 2: 770 Euro
    • Pflegegrad 3: 1.262 Euro
    • Pflegegrad 4: 1.775 Euro
    • Pflegegrad 5: 2.005 Euro

6. Weitere Leistungen

  • Pflegehilfsmittel: Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (z.B. Einmalhandschuhe) und technische Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl).
  • Verhinderungspflege: Wenn die private Pflegeperson verhindert ist (z.B. Urlaub, Krankheit).
  • Kurzzeitpflege: Für eine vorübergehende stationäre Pflege (z.B. nach einem Krankenhausaufenthalt).
  • Tages- und Nachtpflege: Betreuung in einer Einrichtung tagsüber oder nachts.
  • Umbaumaßnahmen: Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds (z.B. Einbau eines Treppenlifts).
  • Digitale Pflegeanwendungen: Unterstützung durch digitale Anwendungen (z.B. Apps zur Sturzprävention).
  • Pflegeberatung: Beratung durch Pflegekassen und Pflegestützpunkte.
  • Pflegekurse: Schulungen für pflegende Angehörige.

Ist die Beantragung des Pflegegrades kostenlos?

Die Beantragung ist kostenlos. Ein einfaches Schreiben an die Krankenkasse genügt. Daneben haben alle Antragsteller das Recht, sich kostenfrei zum Thema Pflege beraten zu lassen. Pflegeberater leisten Unterstützung beim bevorstehenden Besuch des Gutachters.

Hinweis: Nach Ablehnung des Pflegegrades oder wenn dieser zu niedrig ausfällt, können Sie innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides Widerspruch einlegen.

weiterführende Links:

Pflegegrad: So erhalten Sie Leistungen der Pflegeversicherung: decari.de
Antrag zur Einstufung in den richtigen Pflegegrad (1-5): baczko.de
Erste Hilfe für Pflegedienste: erstehilfe-lernen.de
Der große Pflegegrad Ratgeber: sanitaets-online.de
Ihre Pflegeberatung in Berlin-Lichtenrade: carna-pflegedienst.berlin
Checkliste Pflege zu Hause: 5 Schritte zur individuellen Versorgung:pflegehilfe-senioren.de
Pflegegrade verstehen – Ein Ratgeber zu Leistungen und Kriterien dipat.de

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